Der Wolkenkrieger

Von Viola Zetzsche

Er schob sein Basecap zurecht. Das ist das Erste, an das ich mich erinnere. NIKE Stand darauf geschrieben. Nice, dachte ich. Jene Allüren, die ich von anderen Wissenschaftlern kannte, schien er nicht vor sich her zu tragen. Als mir der Archäologe und Altamerikanist Doktor Klaus Koschmieder am Busbahnhof in Lima die Hand reichte, hatte ich ihn schon ins Herz geschlossen. Wir sind zusammen in den Norden gefahren. In die Gegend von Chachapoya. Was ich am erstaunlichsten fand, war, dass er seine Forschungsgelder immer wieder selbst organisierte. Er war der einzige deutsche Wissenschaftler, der Grabungen in Peru selbst leiten durfte. Dafür hatte er extra in Lima studiert.

Klaus Koschmieder in Chachapoya

Klaus Koschmieder in Chachapoya

Ich war mehrmals gemeinsam mit ihm im Gebiet Chachapoya, auch an zahllosen seiner abenteuerlichen Ausgrabungsorte an den Steilwänden der Anden, unterwegs.
„Einige Hiebe mit der Machete und weiter ging es durch das Dornendickicht, Schritt für Schritt, entlang eines Abgrundes von gut tausend Metern Tiefe.“ (Viola Zetzsche: Totenkult der Wolkenkrieger. In: epoc. Heidelberg 2009, 5, ISSN 1865-5718, S. 88 ff.)

Ihm zu folgen war ein Balanceakt, ihm mit Kamera und Schreibzeug nachzueilen fast unmöglich. Er war einer, der Abenteuer mit Wissenschaft kombinieren konnte und dabei noch verwertbare Ergebnisse erzielte. Darüber habe ich, einmal sogar zusammen mit ihm, einige Reportagen geschrieben.

Klaus Koschmieder, Foto: Viola Zetzsche

Klaus Koschmieder, Foto: Viola Zetzsche

Er hat nie viele Worte gemacht und sich schon gar nicht an Spekulationen beteiligt. Bei allem, was er über seine Arbeit berichtet hat, ist Klaus Koschmieder immer ganz klar bei seinen Forschungsergebnissen geblieben. Und die waren eindeutig.

Ich ziehe den Hut vor diesem Mann. Er ist der einzige Wissenschaftler, dem ich begegnet bin, der seine Projekte selbst auf die Beine gestellt und durchgezogen hat. Oft Monate lang nur mit ein, zwei Grabungshelfern, allein da draußen inmitten zerklüfteter Felsen.

Er hat nie aufgegeben da draußen. Ausgerechnet zu Hause hat ihn, viel zu jung, eine Lungenentzündung zu Fall gebracht. Ich kann nicht fassen, dass Klaus Koschmieder am 10. Dezember 2017 gestorben ist.

Die alten Chachapoya haben ihre Verstorbenen sehr sorgfältig für ein ewiges Leben nach dem Tod vorbereitet. Vielleicht ist für ihn ein Platz frei, da, wohin ihrem Glauben nach ihre Krieger gingen. Denn das war er auf seine Weise – ein Wolkenkrieger.

Noch Fragen?

Er war mit Wesentlichem beschäftigt und hatte keinen inneren Raum für aberwitzige Spekulationen. Doch ich bin sicher, sein Zitat an dieser Stelle, wäre in seinem Sinne und hätte Klaus Koschmieder zum Schmunzeln gebracht.

Aus seiner letzten Mail an mich vom 14.08.2017 möchte ich folgendes zur Erhellung einer immer noch geführten Diskussion zitieren:

„Das mit den hellhäutigen Chachas ist die alte Leier die auch zuletzt wieder von Hans Giffhorn in Buch und Film verbreitet wurde. Bullshit!
Sonia Guillén ist die Frau die das Leimebamba-Museum leitet und die Mumien von der Laguna de los Cóndores untersucht hat.“

Ihre und seine Ergebnisse sind eindeutig belegt und auch veröffentlicht. („Totenkult der Wolkenkrieger“, Viola Zetzsche, epoc, Verlag Spektrum der Wissenschaft, Heidelberg, 2009; „Im Reich der Wolkenkrieger“, Viola Zetzsche, Klaus Koschmieder, Antike Welt, Zabern, Darmstadt 2010, 1, S. 35 ff.)

Viola Zetzsche, Dipl. Ing., Wissenschaftsjournalistin www.blitzaufnahme.de